Konservative
laden ehemalige venezolanische Abgeordnete ein. CDU-Mann Brok vermeidet
Debatte. Schmährufe gegen Nachfragen
Harald Neuber. Portal Amerika21
Brüssel.
Der Auftritt der venezolanischen Regierungsgegnerin und ehemaligen
Parlamentsabgeordneten María Corina Machado hat in der außenpolitischen
Kommission des Europäischen Parlaments in Brüssel für einen Eklat gesorgt. Die
46-jährige konservative Politikerin war am Montagabend auf Einladung von
Konservativen vor Mitgliedern des Gremiums aufgetreten. Die Veranstaltung lief
nach Angaben von Augenzeugen in einer gespannten Atmosphäre ab, Kritiker der
Politikerin wurden wiederholt verbal attackiert.
Der
deutsche CDU-Europaabgeordnete und Ausschussvorsitzende Elmar Brok räumte
Machado und der kolumbianischen Journalistin Claudia Gurisatti von Sender NTN24
bei der einstündigen Sitzung gut 40 Minuten Redezeit ein. Dem Kanal NTN24 war
von den Medienbehörden die Sendeerlaubnis entzogen worden, weil er nach ihrem
Befinden die gewalttätigen Proteste in Venezuela durch seine Berichterstattung befördert
hat. Bei der Anhörung in Brüssel tat Gurisatti tatsächlich offen politisch auf.
Die Journalistin behauptete unter anderen, dass in Venezuela – anders als etwa
in Chile – Polizeigewalt gegen Demonstranten nicht untersucht würde, obwohl die
Staatsanwaltschaft gerade Untersuchungen in rund 100 Fällen erklärt hat.
Machado
bedankte sich ihrerseits für die Einladung der Konservativen im EU-Parlament.
Deren Entscheidung, der umstrittene Politikerin ein Forum zu bieten, war auch
von Liberalen und Sozialdemokraten unterstützt worden. Die Politikerin
präsentierte sich als Abgeordnete, die "im Namen des gesamten
venezolanischen Volkes" spreche. Die Regierung von Präsident Nicolás
Maduro bezeichnete die 46-jährige mehrfach als "Diktatur" und
"Regime, das vor nichts mehr zurückschreckt". Machado ging weder auf
die Toten durch gewalttätige Regierungsgegner ein, noch antwortete sie auf
andere kritische Nachfragen.
Diplomatische
Vertreter Venezuelas verfolgten die EU-Termine Machados aufmerksam, auch wenn
sie der Anhörung am Montagabend fernblieben. Die Präsentation der Politikerin
als "Abgeordnete" wurde von dieser Seite als Provokation gewertet.
Machado war ihr Mandat gemäß den Bestimmungen der venezolanischen Verfassung
entzogen worden, nachdem sie ohne Autorisierung vor der Organisation
Amerikanischer Staaten im Namen Venezuelas aufgetreten war, um die Mitglieder
dieser Regionalorganisation zu Maßnahmen gegen die amtierende Regierung
aufzufordern.
Der
Auftritt der selbst in Venezuela zunehmend isolierten Politikerin sorgte unter
demokratischen Politikern des EU-Parlaments für harsche Kritik. Der
sozialistische spanische Europaabgeordnete und Vizepräsident der
Europäisch-Lateinamerikanischen Parlamentarischen Versammlung, Willy Meyer,
kritisierte in einer Erklärung, "dass die (außenpolitische) Kommission zu
einer Plattform für rechte Putschisten aus Venezuela verkommen ist". Das
Europäische Parlament mache sich damit zu einem "Zirkus, in dem Machado
auftreten durfte". Die Europaabgeordnete Inês Zuber von der Kommunistischen
Partei Portugals verurteilte "die kolonialistische Positionsnahme des
Europäischen Parlaments". Dessen Absicht bestehe offenbar darin, "die
Völker und Regierungen Lateinamerikas zu verurteilen, die es sich herausnehmen,
souverän über das eigene Land zu entscheiden und über die eigenen natürlichen
Ressourcen selbst zu bestimmen."
Die
deutsche EU-Abgeordnete Sabine Lösing von der Linkspartei wies in ihrer Frage –
der einzig kritischen Wortmeldung, die der Ausschussvorsitzende zuließ – darauf
hin, dass die meisten Toten nicht aus dem Oppositionslager stammen und dass
mehrere Mitglieder der Sicherheitskräfte gezielt erschossen wurden. Auch
kritisierte Lösung die Einladungspraxis des Ausschussvorsitzenden Brok. Dieser
habe mit Machado einer Vertreterin des antidemokratischen Flügels der
venezolanischen Opposition ein Forum geboten, da die Politikerin einen Dialog
mit der Regierung des südamerikanischen Landes ablehnt. Auf die Fragen von
Lösing antwortete Machado nicht.
Stattdessen
war die 46-jährge mit rund einem Dutzend Anhängern nach Brüssel gekommen. Die
Aktivisten griffen von den Besucherplätzen mehrfach mit Zwischenrufen in die
Debatte ein. Offenbar reagierte Machado damit auf die Erfahrung im
brasilianischen Senat, wo sie unlängst bei kritischen Nachfragen in die
Defensive geraten war. Eine linke Abgeordnete hatte sie dabei wegen eines
offensichtlich manipulierten Videos über die aktuellen Proteste harsch
kritisiert. Die brasilianische Senatorin zeigte auch Bilder von Aktivisten der
militanten Jugendorganisation Javu, die Plakate mit der Aufschrift
"Venezuela braucht Dich – töte einen Chavisten!" verbreiteten.
In Brüssel
sollte es so weit offenbar nicht kommen. Die Anhänger der venezolanischen
Oppositionspolitikerin riefen laut in den Saal, als die Abgeordnete Lösing
kritische Nachfragen stellte. Konservative Abgeordnete stimmten ostentativ die
"Internationale" an. Der Ausschussvorsitzende Brok griff nicht ein,
sondern attackierte Lösing seinerseits.
Zum Ende der Sitzung einigten sich die anwesenden, fast
ausschließlich rechtsgerichteten EU-Parlamentarier auf die Entsendung einer
"Beobachtermission" nach Venezuela. Dies müsste aber nicht nur von
der venezolanischen Regierung akzeptiert, sondern auch vom EU-Rat gutgeheißen
werden. Die Position gegenüber Venezuela war dort zuletzt aber weitaus
zurückhaltender.
No hay comentarios:
Publicar un comentario